Ausstellung

„Eure Alten sollen TrĂ€ume haben“

„Eure Alten sollen TrĂ€ume haben“ sagt der Prophet Joel, aufgegriffen wird der Vers in der Apostelgeschichte. Gibt es das: TrĂ€ume, die Menschen im dritten Lebensabschnitt bewegen? Sind es Hoffnungen, die nach vorne weisen, sind es Bilder, die zurĂŒckgehen? Und: Welche Rolle spielt dabei die Biographie von Menschen dieser Generation, die Höhen und Tiefen der Geschichte unseres Landes miterlebt haben?

„Eure Alten sollen TrĂ€ume haben“: Angela Hager und Martina Schubert sind mit diesem Vers zu Senioren gegangen, haben deren Lebensgeschichten aufgeschrieben und das, was sie an TrĂ€umen und Hoffnungen weitergeben möchten.

In Bayreuth, Himmelkron
und Thurnau

Seit Sommer 2019

Die Ausstellung wurde im Sommer 2019 fertiggestellt und seitdem in Bayreuth, Himmelkron und Thurnau prĂ€sentiert. Wir freuen uns, sie jetzt auch digital prĂ€sentieren zu können. Zu den Lebensgeschichten und Hoffnungen gelangen Sie ĂŒber die untenstehende Bildleiste. Lesen Sie gerne auch die HinfĂŒhrung (Vorwort) und den Begleitbrief.

Zu den Lebensgeschichten

Angela Hager und Martina Schubert

Vorwort von

Seinen Anfang hat dieses Projekt in einem Pflegeheim genommen: Vor mir, der Pfarrerin, sitzen bei der wöchentlichen Andacht gut vierzig alte MĂ€nner und Frauen. Ich blicke in ihre Gesichter und verspĂŒre einmal mehr den Wunsch, in ihnen lesen zu können:

 

Welche Geschichten verbergen sich wohl hinter diesen Menschen – Kriegs- und Nachkriegskinder, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs zumindest mittelbar ebenso erlebt haben wie den Aufschwung der Wirtschaftswunderjahre bis hin zur digitalen Revolution unserer Tage? Wie haben diese Frauen und MĂ€nner Höhen und Tiefen der Geschichte unseres Landes erlebt, welche familiĂ€ren Tragödien oder GlĂŒcksmomente haben sie geprĂ€gt – und gibt es so etwas wie eine Quintessenz aus einem langen Leben? Einen Schatz an Erfahrung, Lebensweisheit, allzu oft nicht geborgen?

Dr. Angela Hager, Jahrgang 1976, ist Pfarrerin und Studienleiterin am Evangelischen Bildungswerk Oberfranken-Mitte e.V.; sie hat die Texte verfasst. Martina Schubert, Jahrgang 1974, ist Fotografin und engagiert sich als PrÀdikantin, dabei auch in der Altenheimseelsorge.

Gefördert von:

Liebe Leserin, Lieber Leser

als wir unser Projekt „Eure Alten sollen TrĂ€ume haben“ konzipiert haben, wussten wir vor allem eines: Es sollte ein generationenĂŒbergrei-fendes Projekt sein – wir wollten gemeinsam trĂ€umen, hoffen, uns aus unseren Lebensgeschichten erzĂ€hlen und uns gegenseitig dabei zuhören. Genau das ist im ersten Ausstellungsjahr auf wunderbare Weise gelungen. Jetzt ist alles anders: Die momentane Situation lĂ€sst kein unbeschwertes Zusammensein zu. Und so gehen wir neue und andere Wege, um auch mit unserem Projekt zu versuchen, weiter Gemeinschaft zu pflegen. „Lebensgeschichten und Hoffnungen alter Menschen“: So lautet der Untertitel unserer Ausstellung. Nun hat auch bei unseren InterviewpartnerInnen ein neues Kapitel ihrer Lebensgeschichte begonnen. Wie gehen sie damit um und was möchten sie uns und anderen Menschen in dieser Situation mitgeben?

Theo Knopf

Jahrgang 1935

„Hoffnung“, so hat es VĂĄclav Havel  ausgedrĂŒckt, „ist nicht die feste Zusage, dass etwas gut ausgeht, sondern dass etwas Sinn macht, egal wie es ausgeht“. Umso mehr habe ich die Hoffnung, dass spĂ€testens jetzt alle Völker und deren Machthaber ihr verantwortungsvolles Handeln auf Frieden und Wohlergehen der Menschen ausrichten. Ergreifend, wenn Menschen in die „Ode an die Freude“, dem Ideal einer Gesellschaft gleichberechtigter Menschen, die durch das Band der Freude und Freundschaft verbunden sind, einstimmen. TĂ€glich sehen wir nie gekannte Bilder, und niemand scheint diese hochansteckende Krankheit aufhalten zu können. Mit dem Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“ möchte ich Ihnen allen Mut und Hoffnung machen. Bleiben Sie gesund!

Karin Weiss

Jahrgang 1949

In dieser wirren Zeit spĂŒre ich, wie achtsames Wahrnehmen und Staunen mich immer wieder zu einer großen Dankbarkeit fĂŒhren.  Sei es die FĂŒrsorge und Freundlichkeit anderer Menschen, sei es die erwachende Natur mit all ihren Schönheiten oder das Bewusstsein einer guten Situation. Die Dankbarkeit wĂ€rmt und erfĂŒllt mein Herz, stĂ€rkt mich und meinen Glauben und gibt mir Hoffnung auf eine entspanntere Zeit. Das wĂŒnsche ich Ihnen auch von ganzem Herzen! Ein Lied, das ich frĂŒher mit den Kindern gesungen habe, ist mir in den Sinn gekommen: „Sei getrost und unverzagt, freue dich an deinem Leben; denn Gott hat dir zugesagt, dich mit Liebe zu umgeben. BlĂŒhe auf in seinem Licht, sei getrost, fĂŒrchte dich nicht. BlĂŒhe auf in seinem Licht, sei getrost, fĂŒrchte dich nicht.“

Dr. Einhard Weber

Jahrgang 1940

Jetzt wissen wir, was eine Krise ist. Aber weil unsere medizinische Versorgung gegenĂŒber anderen LĂ€ndern hervorragend ist und die Politiker erstaunlich rational reagieren, haben wir es alle, wenn wir keine geliebten Menschen verloren haben, noch immer sehr gut. Ich wĂŒnsche diesem Land eine lange und gute Zukunft; aber das wird nur möglich sein, wenn jeder von uns auf unnötigen Konsum verzichtet und die Umwelt deutlich weniger belastet.

Sigrid Böhmer

Jahrgang 1936

Mein Prinzip heißt: Viel Bewegung in frischer Luft. Auch die Musik hilft mir. Was mir fehlt, sind Orchester- und Chorproben. Ich vermisse auch die Gottesdienste in den Kirchen. Fernsehen und Rundfunk schaffen auf ihre Weise Abhilfe. Empfehlenswert finde ich, dass man sich erinnert an das, was man schon alles geschafft und erlebt hat – und sich darĂŒber freut! Meine Gedanken wandern zu den Menschen, die anderen in diesen Tagen helfen, im Krankenhaus, im Altenheim, im Supermarkt, als Lastwagenfahrer. Ich wĂŒnsche, dass nach der Krise wesentliche Verbesserungen fĂŒr sie einsetzen. Hoffnung haben, positiv denken, sich ĂŒber die Natur freuen – und auch: den Humor nicht verlieren, etwa, wenn die Besuche fehlen. Karl Valentin wusste da Abhilfe, als er – wenn auch sicher mit einer TrĂ€ne im Auge – sagte: „Heute mache ich mir eine Freude und besuche mich selbst. Hoffentlich bin ich zu Hause.“

Schwester Gisela

Jahrgang 1941

Geplant war das Musical ‚Martin Luther King‘. RealitĂ€t wurde die Isolation. Mein Koffer war schon zum Familienfest gepackt; er wartet geduldig, und ich? Jetzt im RĂŒckblick wird mir bewusst, wie mein Berufungswort „sei getrost, fĂŒrchte dich nicht“ mich durchtrĂ€gt. Es hĂ€lt den StĂŒrmen stand – damals, heute und morgen. Die Tagesstruktur der Gebetszeiten wird immer kostbarer und existentieller. Gott ist da, und seine Gegenwart umhĂŒllt und durchdringt mich und jeden von uns, wie die Luft, die wir atmen. Ich danke jedem Einzelnen in allen Altersgruppen fĂŒr dieses starke einander Tragen und Zueinanderstehen!

Helmut Hofmann

Jahrgang 1941

Vom fitten PensionĂ€r zur Risikoperson. Risiko fĂŒr mich – oder ich fĂŒr die anderen? MerkwĂŒrdig ruhig bin ich, nicht sorglos, aber nicht panisch verĂ€ngstigt. Wer frĂŒher hörte „Die Pest ist da!“, der hatte kaum eine Chance zum Überleben. Heute fĂŒhle und sehe ich, dass diesem aggressiven Coronavirus Grenzen gesetzt sind durch die heutige Medizin. Gott sei Dank! In den letzten Jahrzehnten haben mich zwei Lieder begleitet. „Ausgang und Eingang
“ (EG 175) und das Lied „Ich möcht, dass einer mit mir geht
“ (EG 209). Die sind mir beide gerade sehr wichtig. Die Grenzen meines Lebens liegen nicht in meiner Hand. Und die Zeit dazwischen? Ich hoffe und vertraue darauf, dass die aktuellen Wochen fĂŒr mich nicht nur Ă€ngstliche Warte-Zeit, nutzlose Zwischen-Zeit, sondern gefĂŒllte, erfĂŒllte Zeit sind.

Rosi Heller

Jahrgang 1950

Mir geht es soweit gut, allerdings vermisse ich meine Freunde, die ich zur Zeit wegen Corona nicht persönlich treffen kann. Das ist sehr schade! Ich bleibe zu Hause in meiner Wohnung, damit ich gesund bleibe, telefoniere viel und schreibe kleine Briefchen – so bleiben wir in Verbindung. Ein Wort aus der Bibel hilft mir gerade: „Lass dir an meiner Gnade genĂŒgen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mĂ€chtig.“ Ich glaube daran, dass Gott so stark ist, uns durch diese schwere Zeit zu tragen, er schaut auf uns. Wir gehen nicht verloren, das kann uns trösten. Passen Sie alle gut auf sich auf!

Lebensgeschichten

Dr. Klaus Bayerlein

„Dass alte Menschen gedanklich beweglich bleiben“

Sigrid Böhmer

„Mein Traum: Weiter musizieren zu dĂŒrfen“

Ursula Frenzel

„Ich habe eigentlich nie von einem anderen Leben getrĂ€umt“

Wolfgang Fuchs

„Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden“

Meta und Robert Hartmann

„Dass alte Menschen weiter wahrgenommen werden“

Rosi Heller

„Ich trĂ€ume von einer freundlicheren Welt“

Helmut Hofmann

„TrĂ€ume verĂ€ndern sich, sie werden mit uns Ă€lter“

Rudi Hofmann

„Mein Traum? Frieden. Es gibt kein besseres Wort.“

Schwester Gisela

„Dass Menschen mehr versuchen, sie selber zu sein.“

Theo Knopf

„Manchmal werden Utopien auch wahr“

Dr. Einhard Weber

„Mein Traum ist, dass die Menschen aufwachen“

Karin Weiss

„Ich trĂ€ume mir viele starke Menschen“